Sonntag, 9. März 2008

Di, 08. März 2005

Spät in der Nacht des Vortages war Sabadou Gomez aus Kombo zurück gekehrt. Paul war auch wieder fit, und so konnten wir zur Abwechslung mal wieder einen Schultag in Bestbesetzung abhalten. Mit Matty, Martha, Buba und Alpha bearbeitete ich das lange brach liegende Feld "Literature", sprich ich kam mal wieder dazu mit ihnen ihre Bücher weiter zu lesen. Diese bis zu den Ferien abzuschließen ist jedoch hoffnungslos. Zu schlecht ist noch das Leseverständnis und viel zu kurz die Zeit, die ich pro Schüler und Woche im besten Fall aufbringen kann: eine halbe bis eine ganze Stunde die Woche. Nur ein sehr geringer Prozentsatz unserer Schüler ist momentan im Stande ein Buch selbstständig zu lesen, zu verstehen was gelesen wurde, und die begleitend gestellten Fragen zu beantworten.



Tag der Emotionen


Gleich mehrere Ereignisse trugen heute dazu bei, dass unterschiedliche Emotionen geweckt wurden.


1) Mary Mendy


Da waren zum Beispiel Mary und Kombe. Als ich um 7:40 das Zivihaus in Richtung Schule verlies, sah ich die beiden auf dem Mäuerchen vor dem Main House sitzen. "Die warten wohl auf jemanden", dachte ich, und grüßte sie fröhlich. An ihrer verhaltenen Antwort merkte ich jedoch, dass irgendwas nicht stimmte, und dass sie hier wohl auf der "Strafbank" saßen. Sie kamen den ganzen Vormittag über nicht zur Schule.


Gegen Abend erfuhr ich von Hermann, dass die Sache, für die sie auf der Strafbank saßen, sich schon am Vorabend ereignet hatte; es waren noch andere Kids beteiligt gewesen, aber außer den beiden hatten sich inzwischen schon alle entschuldigt. Kurz nach dem Abendessen schien sich der Fall aufzulösen. Mary und Kombe hatten sich inzwischen bei allen entschuldigt - außer bei Sabadou. Als Hermann sie fragte, warum sie sich denn nicht bei Sabadou entschuldigen wollten, entgegnete ihm Mary, sie spreche für gewöhnlich nicht mit Sabadou ...!


In der Computer Class teilte Hermann den boys und mir mit, dass Mary am nächsten Tag von Judy nach Hause gebracht werden würde — sie ist bis auf weiteres von der Schule suspendiert. Über eine etwaige Suspendierung Kombes wollte Hermann in der Nacht nachdenken.


2) Judy



In der zweiten kleinen Pause rügte mich Judy, warum ich denn ihre Supervisor Flaggen beantworten würde, wenn ich gerade nicht mit den Kindern lese. Wenn ich nicht ausgelastet wäre, dann könnte sie mir noch Arbeit in Form von Word Building und Math Class beschaffen. Dabei hatte sie mich vor einigen Tagen gebeten mir bei der Beantwortung zu helfen! Diese und andere Sachen gingen mir die ganze Siesta im Kopf herum, so dass ich nicht zur Andacht kam. Um 16:00 ging ich wie gewohnt zur Schule, um meine nachmittägliche Arbeit zu tun. Da teilte Judy mir mit, dass sie am folgenden Tag schon um Sechs abfahren würde, und nicht erst nach der Schule. Ich würde also für zwei Tage komplett für die Schule verantwortlich sein! Und das, obwohl sie noch am Vormittag ein Problem damit hatte, dass ich ein paar Supervisor Fähnchen beantwortet hatte! Das verstehe, wer will ...


3) Paul Mendy


Alle paar Tage oder Wochen juckt den Einen oder Anderen der Schüler das Hinterteil, und sie testen aus, wie weit sie sich uns widersetzen können. Heute war Paul an der Reihe. Nach der großen Pause rief ich wie gewöhnlich allen Schülern zu, dass es jetzt wieder Zeit sei reinzukommen und weiterzuarbeiten. Paul, der mit ein paar anderen boys im Schlepptau und einem Tennisball am Fuß seine Dribbelkünste unter Beweis zu stellen versuchte, schien jedoch nichts zu hören. Schließlich, nach mehrfacher Aufforderung, reagierte er - provokativ. Er kickte den Tennisball nämlich genau in die entgegengesetzte Richtung, in die er gehörte, und machte sich auf den Weg zur Schule. Ich rief ihm zu, er solle den Ball schnappen, und ihn aufräumen. Er wisse nicht, wo der hingehöre, kam die Antwort. Doch nachdem Nkuke es ihm mitgeteilt hatte, behauptete er, es immer noch nicht zu wissen.


Der Fall war klar: er wollte mich tatsächlich vor den Augen seiner Mitschüler zum Narren halten! Ich holte Nano Manneh, und schickte die restlichen Schüler zurück in die Schule. Dann klärten wir Pauls Fehlverhalten in einem 6-Augen-Gespräch. Da seine Einsicht nicht sonderlich groß und ihn sein Hinterteil immer noch zu jucken schien, verabreichte ich ihm zwei Stockstreiche. Anders als Buba kann sich Paul aber nicht gut zusammennehmen; schon vor dem ersten Streich fing er an zu weinen. Danach wies ich in an, sich vor der Schule hinzusetzen, bis er mir etwas zu sagen habe. Dann konnte er mich rufen; ich war nämlich ebenfalls vor der Schule, um mit Buba Literature zu lesen.


4) Pa Samba


Während wir lasen, und Paul noch da saß, kam Pa Samba, ein Einheimischer, auf uns zu. Er bat uns um Hilfe, um Stroh vom Wellblechdach des Lamin Bah Hauses zu holen, das er seinem Pferd zum Fressen geben wollte. Hermann habe es ihm erlaubt. Da ich nicht wusste, wo Hermann war, und wo ich Rückkopplung finden konnte, beschloss ich ihm zu glauben. Also wies ich Paul an, ihm zu helfen. Buba und ich lasen in der Zwischenzeit weiter. Kurze Zeit später kam Hermann aus der Schule; zur Sicherheit fragte ich nach, und da stellte sich heraus, dass Hermann von alledem nix wusste. Pa Samba hatte mich also rotzfrech belogen. Während Paul wieder runter vom Dach kam, schirrte Pa Samba sein Pferd an, und sah zu dass er vom Compound kam.


Wiederum kurze Zeit später kam Paul zu mir und entschuldigte sich. Wir beteten zusammen, dann durfte er wieder in die Schule und weiterarbeiten. Über sein Verhalten wird Judy aber seine Mutter informieren, wenn sie seine Schwester Mary morgen nach Hause bringt.



Geburtstag


Gerade war die Schule zu Ende, und JJ von der Arbeit gekommen, als Hermann den Kopf zum Zivihaus herein steckte und verkündete, dass eine Frau in den Wehen liege und schnellstens nach Soma ins Krankenhaus gebracht werden müsste. Da sie sowieso noch je zwei Passbilder machen lassen mussten, übernahmen Paul und JJ den Job. Um das Risiko einer Niederkunft im Auto so gering wie möglich zu halten, fuhren sie nicht auf der Löcher übersähten Hauptstraße, sondern nahmen den Schleichweg hintenrum. Sie kamen noch rechtzeitig zur Entbindung ins Krankenhaus; abends ging es der Frau offensichtlich schon wieder so gut, dass sie bei Hermann anrief, und sagte, sie könne nun wieder abgeholt werden. Da kannte sie aber Hermann schlecht — der Toyota ist schließlich kein Taxi ...

Keine Kommentare: