Montag, 26. November 2007

Fr, 26. Nov. 2004

Der erste Honor Roll Trip


Gegen Fünf Uhr in der Früh weckte uns Judy. Eigentlich wollten wir erst um Sechs aufstehen, aber da Judy keine Uhr hatte, und alle sowieso schon wach waren, beschlossen wir, früher aufzubrechen. Um dreiviertel Sechs (15 Minuten vor 6 Uhr) fuhren wir schließlich los.



Judy und die Kids quetschten sich in die für fünf Personen ausgelegte Fahrgastzelle. Paul und ich hatten keinen Platz mehr und fuhren hinten mit. Wenn es auch tagsüber immer gut warm ist, so kühlt die Temperatur in der Trockenzeit nachts doch ziemlich ab. Paul und ich froren jedenfalls ganz ordentlich; nachdem wir jeweils ein Handtuch um uns geschlungen hatten, wurde es etwas besser.


Station 1: West African Mission



Den ersten Halt legten wir bei der West African Mission ein, weil wir dort etwas abzuliefern hatten. Dort haben wir einen der Big Boys getroffen, der bis voriges Schuljahr noch bei uns im Camp zur Schule gegangen war. Außerdem lebt ein Bruder von Awa Manneh (eine unserer Schülerinnen) bei der West African Mission. Bei dem hat sie natürlich auch kurz vorbeigeschaut, ungeachtet der frühen Morgenstunde (7 Uhr).


Station 2: Besorgungen in Serrekunda


Etwa eine Stunde später kamen wir in Serrekunda an. Nachdem Judy in einem Store einige Samen für unsere Felder gekauft hatte, teilten wir uns zum ersten Mal auf, wenn auch nur für kurze Zeit. Paul holte bei Africell unsere Handy-Rechnung ab, Judy suchte nach einer geeigneten Parkmöglichkeit unweit eines Supermarkts, und ich ging Geld Wechseln. Als ich das letzte Mal vor drei Monaten diese Wechselstube betreten hatte, hatte ich für einen Euro noch 35.7 Dalasis bekommen. Inzwischen war der Kurs, wohl durch den schwachen Dollar bedingt, auf 36.5 Dalasis gestiegen, Tendenz weiter ansteigend. Wieder zurück beim Auto teilte mir Paul mit, dass von etwa 240 monatlich fälligen Dalasis Telefongebühren - was ja an und für sich schon nicht viel ist, erst Recht nicht, wenn man den Betrag noch durch vier teilt - 200 Dalasis Grundgebühr sind. D.h. der Luxus, dass wir täglich unsere Mails abholen, kostet uns ohne Grundgebühr im Monat gerade mal 10 Dalasis pro Nase; das sind noch nicht mal 30 Cent.



Während wir auf Judy und die Kids warteten, die in einem Supermarkt ein paar Kleinigkeiten einkauften, erstand Paul zwei mittelgroße Wassermelonen für umgerechnet 1.5 Euro und ich ein paar Weihnachtsgeschenke für meine Brüder. Anschließend ging's weiter zum Arch 22.


Station 3: Das Gambianische Museum


Nachdem er durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war, lies President Jammeh einen (Triumph-) Bogen errichten, unterdem tagtäglich der Rush Hour Traffic der Hauptstadt hindurchgondeln sollte. Nach der Vollendung des Bogens stellten seine Ingenieure jedoch fest, dass der Bogen diesen Belastungen nicht gewachsen sei. Seitdem ist die Prachtstraße für den Verkehr gesperrt; nur hochrangige Regierungbeamte dürfen sie noch befahren.



Oben, im Querbalken des Bogens, befindet sich ein Museum. Nein, nicht irgendein Museum, sondern das Gambianische Museum. Bevor man eine der Wendeltreppen betritt, die in den Säulen nach oben führen, muss man noch einen kleinen Eintritt bezahlen; dieser ist dreifach gestaffelt: Kinder zahlen 5 Dalasis, Erwachsene glatt das Zehnfache. Schüler kommen da mit 15 Dalasis noch vergleichsweise gut weg.



Das Museum selbst ist allerdings ein wenig enttäschend. Es besteht lediglich aus einem vielleicht 10 mal 20 Meter großen Raum. Ausgestellt sind ein paar einfache Feldarbeitswerkzeuge, einige wenige Beispiele für einheimische Haarflechtkunst, ein paar Amulette, und ein halb kaputtes Modell eines alten amerikanischen Kriegsschiffes (keine Ahnung, warum das hier ausgestellt wird); das wars im Großen und Ganzen auch schon. Kein Wunder, dass der Besuch bald zu Ende war. Judy war in der Zwischenzeit zum Post Office gefahren, und wir mussten uns noch ein halbe Stunde gedulden, ehe sie zurück war.


Station 4: Shopping



Um kurz vor Elf stellten wir das Auto in einer belebten Nebenstraße ab, dann trennten wir uns erneut. Treffpunkt war um Ein Uhr beim Auto. Paul und ich zogen zusammen los. Schon an der ersten Kreuzung drängte sich uns ein einheimischer junger Mann als Freund und Führer auf. Er führte uns zu allen Geschäften seiner Bekannten, und wann immer wir auch nur ein leises Interesse an einer Sache bekundeten, bot er uns an als unser Freund für uns einen guten "Gambian Price" auszuhandeln. Diese Preise waren wirklich gut - allerdings eher für den Verkäufer als für uns. Denn auch wenn ein Moslem nicht betrügen darf, so hat er doch keinerlei Gewissensbisse einem Tubab die mehrfache Summe an Geld für eine bestimmte Sache abzunehmen, die ein Schwarzer zahlen müsste; erstens hat jener im Gegensatz zu diesem ja das nötige Geld, und zweitens zwingt ihn ja niemand zu dem Kauf.


Paul hat sich bei dieser Shopping Tour 6 Quadratmeter Stoff, eine 30 cm hohe Trommel, ein Holzkrokodil und einen geschnitzten Löwen, sowie einen maßgeschneiderten Fulla-Dress gekauft. Letzterer besteht aus sackähnlich gewohbenem Baumwollstoff, und ist nichts anderes als ein Sackgewand.



Unser Führer hatte uns auf kleinen Gassen, die oft nicht breiter als ein Meter waren, quer durch den Markt gelotst. Wir waren gerade mitten im Feilschen, da stand auf einmal Sabadou vor uns, sagte uns, dass Judy das Auto habe wegfahren müssen, zeigte uns mit der Hand die Richtung und war wieder verschwunden.


Kurz nach Eins kamen wir wieder zur Hauptstraße und hielten Ausschau nach dem Toyota. Da wir ihn nirgends sahen, beschlossen wir, die Hauptstraße in der Richtung entlangzugehen, die uns Sabadou gezeigt hatte. Nach wenigen Minuten fanden wir nicht den Toyota, sondern der Toyota fand uns.



Judy und die Kids waren schon um die Mittagszeit mit Einkaufen fertig gewesen, und zum Auto zurück gekehrt. Dort wartete bereits ein Police Officer auf sie und meinte, dort dürfe man nicht parken, und sie sollten mit zur Wache kommen. Judy entgegnete ihm, ein anderer Polizist habe sie angewiesen, genau dort zu parken. Nun gut, da mussten sie dann nicht mit auf die Wache gehen - aber bleiben durften sie auch nicht. Also packte Judy die Kinder ins Auto, und fuhr die restliche Zeit mit ihnen auf der Hauptstraße auf und ab, bis Paul und ich schließlich auftauchten - eine knappe Stunde lang!


Station 5: Restaurant


Da es nun schon nach Eins war, fuhren wir zu einem Restaurant, in dem Judy gerne ißt. Es gibt dort einheimische Kost, und jeden Tag ein anderes Tagesmenu. Außerdem ist das Essen dort sehr preiswert. Alles zusammen (10 Menus) haben wir 220 Dalasis gezahlt. Zum Vergleich: wir Zivis waren in den Sommerferien einmal beim Italiener; dort durfte jeder einzeln 200 bis 300 Dalasis berappen. Es gab genug zu essen, und wirklich jeder wurde satt. Anschließend ging es weiter zu einer Station, auf die sich die Kids schon den ganzen Morgen gefreut hatten.


Station 6: Der Strand



Der Strand liegt vor einem noblen Hotel. Die zum Hotel gehörigen Strandliegen darf man auch benutzen, wenn man nicht als Gast im Hotel eingecheckt ist. Allerdings sollte man dann pro Liege einen Drink ordern, und so quasi die Liege mieten. Kaum waren wir angekommen, da kam auch schon die erste Verkäuferin auf uns zu. Ob wir denn Früchte oder einen Obstsalat kaufen wollten. Da wir gerade erst gegessen hatten, meinte ich vage, "Später vielleicht," und lies sie stehen. Wir wollten erst einmal schwimmen gehen.



Nach einer Weile hatten Paul und ich dann genug, und wir wollten gerade zurück zur Liege laufen, da kam die Verkäuferin wieder auf uns zu. Sie sagte, ein Teller Obstsalat sei 100 Dalasis. Gut, wir gingen mit um uns die Tellergröße und die zur Auswahl stehenden Obstsorten anzusehen. Schließlich willigten wir ein, zwei Teller für 160 Dalasis zu kaufen, und ich trabte los, das Geld zu holen. Auf dem Rückweg sprang mir plötzlich ein einheimisches Mädel in den Weg, und wollte mich partout nicht vorbei lassen. Sie wollte mir wohl eine "Body Massage" andrehen. Das konnte ich jetzt gar nicht brauchen. Da ich mich aber mit ihr erst gar nicht auf ein Gespräch einlassen wollte, drehte ich mich um und ging zwei Schritte zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war. Schwupps stand sie wieder vor mir. Wunderbar! Schnell drehte ich mich noch einmal um, und trabte davon, meine ursprüngliche Richtung wieder aufnehmend. Das Mädel war völlig verdutzt, und die Einheimischen, die in der Nähe saßen, lachten sie aus. Dieser Kunde war ihr entwischt.



Bald darauf kamen Paul und ich mit zwei Tellern Obstsalat zu den Liegen zurück und wir verdrückten sie gemeinsam mit Judy und den Kids. Danach stüzten wir uns noch einmal in die Wellen, und dann war es auch schon Zeit zum Flughafen aufzubrechen.


Staion 7: Der Flughafen


Um Viertel Sechs kamen wir am Banjul International Airport (der sich nicht in Banjul, sondern in Serrekunda befindet) an. Daniels Flieger sollte zwar erst um 17:55 Uhr ankommen, aber wie sich herausstellte, war er 35 Minuten eher da, so dass wir just in time kamen.



Der Betrieb, der herrschte, als Paul und ich im August ankamen, war nicht zu vergleichen mit dem Betrieb heute. Wir waren nälich mitten in der Regenzeit gekommen, eine Jahreszeit, in der sich nur wenige Touristen ins subtropische oder gar tropische Afrika verirren. Jetzt, mit Anbruch der Trockenzeit, hatte sich das geändert. Aus dem Flieger ergoss sich ein richtiger Touristenstrom in die Vorhallen.


Es war interessant, die vielen völlig unterschiedlichen Leute und ihr Verhalten zu beobachten. Da gab es Rentner, die sich noch rüstig genug für einen Safari Trip halten (alles schön klimatisiert), Geschäftsleute jeder Schattierung, junge Abenteurer, Bildungsreisende, und viele andere. Ich wollte diese Eindrücke in Bildern einfangen, und fragte einen von der Security, ob ich Bilder machen dürfe. Der war total lässig drauf, und meinte nur, "Yes, of course, feel free!" Kaum hatte ich jedoch ein halbes bis ein ganzes Dutzend Bilder gemacht, als ein Mann in Zivilkleidung auf mich zukam, und von mir verlangte, sofort das Fotografieren einzustellen. Ansonsten würde ich meine Kamera verlieren. Ich entgegnete ihm, ich hätte die Erlaubnis eines Security Mannes. Als er mir das partout nicht glauben und meine ID-Card sehen wollte, bat ich ihn, mir doch einmal seine Security Card zu zeigen, um mir seine Autorität mir gegenüber nachzuweisen. Da verzog er sich mit der wiederholten Aufforderung, das Fotografieren einzustellen. Ich lies es auch bleiben, aber nur weil ich genug damit zu tun hatte, mich selbst zu beruhigen, und ihm gegenüber nicht im selben Ton zu antworten, wie er mit mir geredet hatte.


So warteten wir also weiter. Die Halle lehrte sich immer mehr, doch Daniel kam und kam nicht. Nachdem auch der letzte Fluggast die Auscheckhalle verlassen hatte, machte sich Judy auf den Weg zum Büro der Fluggesellschaft um nachzufragen, ob Daniel überhaupt an Bord gewesen war. Nach Durchchecken der Passenger Cards stand fest: Daniel war nicht an Bord gewesen!


Was war passiert??


Das galt es nun herauszufinden. Über einen öffentlichen Fernsprecher rief Judy ihre Mutter an, und trug ihr auf Näheres herauszufinden. In 90 Minuten würde sie sie dann noch einmal anrufen.


Station 8: Zurück nach Serrekunda



In der Zwischenzeit fuhren wir vom Flughafen zum Strand. Dort verdrückten wir eine Wassermelone und fuhren dann weiter in die Stadt von Serrekunda. Bei einem "Döner King" aßen wir zu abend: jeder und jede je ein dönerähnliches Fladenbrot, Chawava genannt. Anschließend wollten die Mädels noch kurz im Supermarkt einkaufen, und Paul und ich nutzten die Zeit, um kurz im nächsten Internet-Cafe vorbeizuschauen. Eine der Mails im Posteingang war von JJ. Er teilte uns mit, dass Dani auf Grund von Eisesglätte seinen Flug verpasst habe. Er werde mit dem Flug am Sonntag, abends um 18:30 Uhr, ankommen. Endlich wussten wir, woran wir waren.


Wieder zurück beim Auto, setzten wir Judy davon in Kenntnis; daraufhin brachen wir umgehend auf, da wir noch zum Übernachten zurück nach Somita fahren mussten. Beim Anschieben sprang das Auto aber diesmal nicht an, so dass wir mitten auf der belebten Hauptstraße standen. Flugs kamen ein paar Männer angerannt, und halfen uns, das Auto von der Sträße zu schieben. Dann schoben wir es auf dem "Seitenstreifen" erneut an. Gleiches Ergebnis. Einer der Männer checkte darauf hin das Auto. Eine der Verbindungen an der Batterie hatte sich gelöst. Die Batterie haben wir nämlich im Fußraum des Beifahrersitzes liegen, und eines der Kinder war wohl während der Fahrt oder beim Aussteigen an die Kabel gekommen. Da wir keinen passenden Schraubenschlüssel parat hatten, um die Sache zu "fixen", lief er schnell zu seinem Taxi, und holte einen. Kurze Zeit später war wieder alles in Ordnung, und wir konnten aufbrechen.


Station 9: Zurück nach Somita


Irgendwann auf dem Rückweg begann irgendwas am Toyota zu stinken. Kurz darauf tourte der Motor höher, ohne dass wir an Geschwindigkeit gewinnen würden - im Gegenteil: wir wurden langsam langsamer. Das Motorengeräsch hörte sich genau so an, als ob Judy die Kupplung nicht ganz hätte kommen lassen, und so der Gang nicht richtig einrasten konnte. Mit etwa 20 km/h erreichten wir glücklich Somita; dort verloren wir schneller an Fahrt. In die Einfahrt der Mission schoben wir den Toyota schließlich.


Beim Abstellen des Toyotas meinte Judy, wir hätten möglicherweise die historische letzte Stunde des Toyotas miterlebt. Das war mir in diesem Moment relativ egal; wir waren inzwischen 18 und eine halbe Stunde auf den Beinen gewesen, und wollten alle nur noch ins Bett. Ich hörte noch, wie Judy sagte, am folgenden Tag dürften wir ausschlafen. Alles klar. Gute Nacht!

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