Sonntag, 11. November 2007

Do, 11. Nov. 2004


Vor einigen Tagen hatte Matthias sozusagen die "Geburtstagssaison" eröffnet. Heute war nun Paul an der Reihe. Bei den Opening Exercises sangen wir das obligatorische Ständchen zum 21. Geburtstag. Nach der Andacht gab es die erste Überraschung. Zwei der big boys, Job und Daniel, hatten für Paul einen Marmorkuchen gebacken, und präsentierten diesen nun zusammen mit einer Karte dem Geburtstagskind. Sie waren jedoch so schüchtern, dass sie sich kaum getrauten, ihm den Kuchen zu überreichen. Unmittelbar danach zogen sie sich zurück, so dass sie schon nicht mehr mitbekamen, wie Paul die Kerzen ausblies und wir uns den Kuchen schmecken liesen.



Abends gab es für Paul eine weitere Überraschung. Pünktlich um Sieben hatte es zum Essen gegongt, doch als er zum Main House kam war alles dunkel, und keine Menschenseele war zu sehen. Da kam er ins Zivihaus um nachzuschauen. Ich war gerade dabei, Foto- und Videokamera für diesen Abend zu holen, und fragte ihn in gespielter Verwunderung, ob er denn nicht wisse, wo seine Geburtstagsparty sei. Als er erwartungsgemäß verneinte, sagte ich ihm, dass wir heute im Main House Backyard essen würden. Dort hatte man nämlich Bänke aufgestellt und alles für einen schönen Grillabend vorbereitet. Gegrillt wurden 13 Hühnerschenkel. Das Essen war - wie eigentlich immer - einfach genial. Es gab eine selbst zubereitete Pommesvariante, Zaziki, Tomatensalat und zum Trinken eine Art Cool Lemon aus eigenen Zitronen.



Die letzte Überraschung des Tages war, dass Didi plötzlich ein dickes Paket unter dem Tisch hervorzauberte, das Pauls Eltern ihm zu seinem Geburtstag geschickt hatten. Didi und Andi hatten es von ihrer letzten Kombo-Tour mitgebracht, aber zu Paul kein Sterbenswörtchen gesagt.


Als dann auch noch die students zu einem Happy Birthday Ständchen antraten, war Paul sichtlich gerührt.


Und sonst?


Uns sonst hatte der Endspurt im Blick auf den Honor Roll Trip begonnen. Der Honor Roll Trip ist eine Belohnung für alle Schüler, die in einem Quarter in allen 5 Hauptfächern mindestens drei PACEs durcharbeiten.


Im Lower Learning Center hatten zu diesem Zeitpunkt drei Schülerinnen und ein Schüler dieses Ziel bereits erreicht; die anderen vier hatten keine Chance mehr. Im Upper Learning Center hatten zwei Schülerinnen die 15 PACEs in der Tasche, eine dritte kämpfte noch, wenn auch nur mit geringer Aussicht auf Erfolg; die übrigen 6 waren zu weit hinterher.


In meinem Learning Center hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Schülerin reelle Chancen. Martha war zwar drei Tage später gekommen und hatte nicht immer die schnellste Auffassungsgabe, aber sie war unheimlich fleisig und ehrgeizig. In unserem Schulsystem wäre sie wahrscheinlich bei allen Schülern als der klassische Streber verpönt. In diesem individualisierten Schulsystem hat aber jeder Schüler seinen eigenen Arbeitsplatz, seine PACEs und sein Arbeitstempo. Jeder arbeitet für sich. Fortschritt im Sinn von abgeschlossenen PACEs ist an der Progress Card in Form von verschiedenfarbigen Sternen zwar für jeden Schüler sichtbar, aber es ist nicht sichtbar, ob das auf Fleiß, hohe Motivation oder einfach nur Begabung zurück zu führen ist. Das interessiert die Schüler auch gar nicht. Sie interessiert viel mehr, wer zu dem ausgewählten Kreis derer gehört, die mit auf den Honor Roll Trip gehen dürfen. Je weiter man im Quarter fortgeschritten ist, desto öfter sieht man Schüler von Office zu Office gehen, und die Stars der anderen Schüler zählen.


Martha hatte inzwischen 13 Stars, d.h. ihr fehlten noch genau zwei Stars um mit auf Honor Roll gehen zu dürfen. Heute würde sie die restliche PACE work erledigen und anschließend die Self Tests schreiben. Die Fächer waren Englisch und Word Building, gerade die beiden, die ihr am meisten Probleme bereiteten. Anderthalb Stunden vor Schluss war sie soweit, und ich gab ihr den Englisch PACE Test, wohl wissend, dass es der kürzere der beiden wahr. Außerdem konnte er ohne einen Lehrer erledigt werden. Um Zehn nach 12, zwanzig Minuten vor Schulschluss, begannen wir mit dem zweiten Self Test. Die erste Hälfte des Tests bestand aus 50 Vokabeln, die ich ihr diktieren musste. Wir waren damit fast fertig, als die Schule zu Ende war. Da der Self Test aber heute unbedingt zu Ende gebracht werden musste, blieb ich mit ihr in der Schule und diktierte die Worte zu Ende. Den zweiten Teil des Tests füllte sie allein aus.


Ich machte mich während dessen schon an die Korrektur der übrigen an diesem Tag geschriebenen Self & PACE Tests. Esther hatte ihren PACE Test haarscharf mit 80 Prozent bestanden, allerdings fehlte im Bibelvers ein Wort, das sie beim Aufsagen nicht vergessen hatte. Sollte ich sie deswegen durchfallen lassen? Martha hatte in ihrem Englisch Self Test mit 88 Prozent knapp die zum Bestehen erforderlichen 90 Prozent verpasst. Aus der Traum von der Honor Roll?


Um Zehn nach Eins hatte Martha endlich auch ihren Word Building Test abgeschlossen, den ich aus reiner Neugierde noch korrigierte. Diesen hatte sie bestanden! Ich schloss die Schule ab, und machte mich auf den Weg zum Main House, um erst mal was zu trinken. Judy war gerade dort, und so fragte ich sie gleich, was ich den bezüglich der beiden knappen Testergebnisse bei Martha und Esther unternehmen solte. Judy meinte, Esther solle einfach den Bibelvers noch einmal schreiben, um zu sehen, ob sie das Wort schlicht vergessen habe hinzuschreiben, oder nicht. Und da bei Martha die Honor Roll jetzt von diesen beiden Tests abhienge, solle ich es einfach drauf ankommen lassen, und sie am nächsten Tag beide PACE Tests schreiben lassen. Wenn sie sie bestände, dann sei es gut - andernfalls müsse Martha eben die PACEs noch einmal durcharbeiten. So machte ich es dann auch.

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