Montag, 18. Februar 2008

Fr, 18. Feb. 2005

Seit 40 Jahren unabhängig!


Statt, wie versprochen, um 6 Uhr kam der Fahrer erst kurz nach halb Sieben. Wir waren um kurz vor Fünf aufgestanden, und alle um halb sechs abfahrtbereit gewesen. So, anstatt dass er eine halbe Stunde auf uns gewartet hätte, wofür er im Übrigen bezahlt wurde, mussten wir mehr als eine Stunde auf ihn warten. Nach Banjul braucht man in der Regel zwei Stunden, und wir hatten Angst, keine Plätze mehr zu bekommen, wenn wir zu spät eintreffen würden. Diese Sorge sollte sich später als unbegründet heraus stellen.



Von Serrekunda aus nach Banjul kamen uns immer wieder Eskorten entgegen, die vermutlich wichtige Gäste vom Flughafen abholen sollten. Diese Eskorten fahren prinzipiell immer in der Mitte der Straße, und wer nicht rechtzeitig auf den Standstreifen ausweicht, riskiert einen ernsten Unfall mit dem in einem hohen Tempo heranpreschenden, und die ganze Fahrbahnbreite einnehmenden Konvoi. Dem ersten Konvoi konnte Judy gerade noch ausweichen, so dass sie bei den anderen mehr auf der Hut war.


Als wir gegen Acht Uhr beim Stadion eintrafen, war noch vergleichsweise wenig los. Es waren noch kaum Zuschauer da, und auf der Tribüne und in der VIP-Lounge herrschte noch gähnende Leere. Nachdem wir einen Platz in einem Pavillion direkt gegenüber der VIP-Lounge auf der anderen Seite des Fußballfeldes zu unserem Ausgangspunkt gemacht hatten, machte ich mich auf die Suche nach den Passagieren des Gelle Gelles. Wir waren nämlich nicht im Konvoi gefahren, sondern wollten uns lediglich irgendwo im Stadion wieder treffen. Ich hatte Glück, und fand sie sofort, oder besser gesagt, die Kids sahen mich. Ich brachte sie zu unserem Ausgangspunkt, und nach einer Weile fand sich auch Paul ein, den das Gelle Gelle nach uns auf die Suche geschickt hatte.


Um 9:15 wurde über Lautsprecher angekündigt, was an diesem Tag alles auf dem Programm stand. Ab 9:45 sollten die verschiedenen geladenen Gäste kommen, darunter vier Präsidenten aus befreundeten Staaten wie dem Senegal und Guinea Bissau. Nach diesen sollte der gambianische Präsident Yahya Jammeh eintreffen.



Wohl um seine Wichtigkeit zu unterstreichen, kam der mit einer kleinen Verspätung, und drehte dann in Siegerpose eine richtige Ehrenrunde um das ganze Fußballfeld. Die Gambianer feierten ihn, doch einer der Gambianer meinte zu mir, er sei ein richtiger Dressman.


Zwischendurch gab es eine Menge Paraden von allen möglichen militärischen, paramilitärischen und sonstigen organisierten Verbänden. Einmal schoßen die Soldaten drei Salven Salut, und immer mal wieder gaben eine oder mehrere Kanonen eine Salut-Salve ab.



Unter den Zuschauern drehten Scharlatane ihre Runden, die sich furchteinflösend verkleidet hatten und "Kunststücke" vorführten, für die der geneigte Zuschauer doch bitte sein Scherflein geben sollte. Zu ihrem Reportoire gehörte das Essen von Rasierklingen, oder dass sie nicht verletzt wurden, wenn sie sich mit Rasierklingen ritzten; einer steckte sich sogar einen 10 Zentimeter langen Eisennagel bis zum Anschlag in ein Nasenloch. Ich glaube, dass dahinter nicht nur bloße Tricks stecken, sondern dass sie mit schwarzen Mächten in Verbindung stehen. Denn anders kann ich mir vor allem letztgenannten "Trick" nicht erklären, habe ich doch den Nagel im Nasenloch stecken sehen. Die Kinder hatten auch ordentlich Angst vor diesen Typen, was einige der kleinen Jungs jedoch nicht davon abhielt, ihnen hinterherzulaufen, so dass sie immer eine Traube von Kindern hinter sich herzogen.


Gegen ein Uhr war der "offizielle" Teil der Feierlichkeiten vorbei, und die Speicherkarten meiner Digicam fast voll. Die allermeisten offiziellen Gäste sowie ein Großteil der Besucher machte sich auf den Heimweg und die Sicherheitsstufe wurde bedeutend reduziert. In Folge dessen konnte man nun den Rasen betreten, und sich bis auf wenige Meter der VIP-Tribüne mit dem Präsidenten nähern. Der blieb nämlich noch für die weiteren Feierlichkeiten. Nach dem Einmarsch der gambiansichen Pfadfinder und vieler Schulen nach Verbänden geordnet, wurde vor der Ehrentribüne Präsident Jammeh zu Ehren ein buntes Programm abgehalten. Wenn die alte Ordnug beibehalten worden wäre, dass alle Zuschauer um das Fußballfeld herum Aufstellung nehmen, hätte nun jeder was gesehen. Doch da sich nun alles vor der Tribüne drängte, sahen wie zuvor wieder nur die Größten und diejenigen in der ersten Reihe etwas.



Irgendwann nach Drei Uhr verliesen wir das Stadion, und machten uns auf den Weg zu einem Restaurant, wo man günstig Reisgerichte kaufen konnte. Dort wollten wir bzw. in erster Linie die Kinder das Mittagessen einnehmen. Leider reichte der Vorrat der Restaurantküche nur noch für 10 Reisteller und 5 Brote. Wir beschlossen alles zu kaufen, was noch vorrätig war. Die Reisteller teilten die Boys unter sich auf, und die Brote wurden an fünf der Girls verteilt. Einige der Mädels gingen leer aus; sie sollte später etwas bekommen.


Nach dem Essen machte das Judy sich mit dem Toyota und einer Handvoll Mädels auf den Weg zu Sabadous Compound. Wir anderen fuhren mit dem Gelle Gelle derweil zum bungalo beach. Dort wollten wir uns später mit Judy treffen. Außer mir hatten noch ein paar der Jungs eine Badehose dabei, und wir gingen eine Runde baden.



Den Mädels hatte Judy nicht mitgeteilt, dass wir aller Voraussicht nach auch an den Strand gehen würden, und so hatte auch keines der Mädels irgendwelche Badeklamotten dabei. Manche wollten aber partout schwimmen, so dass sie sich von den Boys die Badeklamotten sowie einige T-Shirts ausliehen, und dann nach ihnen damit schwimmen gingen. An ein Handtuch hatte aber keiner der Boys gedacht, so dass sich alle Wasserratten mit den drei Handtüchern von Paul und mir begnügen mussten; irgendwie klappte auch das.


Als die Kinder genug vom Strand hatten, und manche zu Frieren anfingen, machten wir uns auf den Rückweg zum Gelle Gelle. Während wir dort auf Judy warteten, kaufte ich für die restlichen Mädels, die noch nicht gegessen hatten, je ein belegtes Brot. An dieser Stelle benahmen sich nun die Big Boys richtig unmöglich. Sie hatten jeder einen ganzen Teller voll Essen gehabt, und nun bettelten sie die sieben Mädchen, die noch nichts gegessen hatten, in einem fort an.


In der Zwischenzeit war Judy eingetroffen, und machte mit ihren Mädels noch einen kurzen Abstecher zum Strand. Danach fuhren wir zurück nach Somita, wo wir die Nacht verbrachten. Der Fahrer sagte, er wolle am nächsten Tag um Neun, Richtung Zehn Uhr aufkreuzen, und uns abholen. Wir waren gespannt, wann er wirklich kommen würde. Nach einigen vergeblichen Bemühungen von uns Leitern kehrte spät am Abend schließlich Ruhe ein.

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